19. – 21. JuliKarlstadt a. Main

Improvisation ist alles!

With a little help from my Workcamp

Die Liebe der Helfer zu Extremen scheint sich im Wetter widerzuspiegeln. Mal heiß mal kalt, den gesunden Mittelweg nehmen wir selten. Im Jahr 2008 entscheiden wir uns wieder mal für brütende Hitze. Die Bookingverhandlungen sind hart: unser Programm muss richtig Publikum anziehen, aber für Gagen ist diesmal noch weniger Spielraum. Ron Spielmann Trio und Die Springer, beide nicht nur auf dem U&D bekannt, lassen sich als Headliner verpflichten. Oder zumindest fast: beim Line-Up des 16. U&D herrscht eine besondere Flexibilität! Aus unerfindlichen Gründen kommen gleich einige Bands nicht und es muss improvisiert werden. Trotzdem ist der Auftritt der Springer das ausgesprochene Highlight des Freitagabends. Besonderes Lokalschmankerl des 16.U&D ist aber eine ganz außergewöhnliche Formation: die Söhne Wittmanns bringen den bis zum letzten Eck gefüllten Platz zum Toben. Vor allem in Anbetracht der vielen Tanzenden, stellt es sich als gute Entscheidung heraus, dass man trotz Matschgefahr den staubtrockenen Platz am Morgen doch durch die Feuerwehr hat bewässern lassen. Die Sichtfähigkeit auf die 27 (!) Musiker auf der Bühne ist jedenfalls gewährleistet. Musikalisch ist der Abschluss des Festivals für die Besucher echt gelungen. Aber das Team erhält einen Dämpfer: einer der geliehenen LKW´s, der in der Abbauwoche Material nach Würzburg zurückbringen soll, bleibt an der alten Mainbrücke hängen. Trotz erfolgreichen Festivals mit 10.000 bis 11.000 Gästen sind damit alle Einnahmen des Vereins dahin.

Mit so viel Mühe und extremem Improvisationsgeschick ins Zeug gelegt und jetzt bleibt das zweite Jahr nichts übrig! Die Helfer sind ziemlich frustriert. Dabei ist das Team des U&D eigentlich ein Phänomen! Wer einmal dabei ist, kommt fast immer wieder. Der Virus überträgt sich unbemerkt. Häufig wissen Angehörige und Freunde von Helfern nichts von der Gefahr und begeben sich unbedarft in die Nähe von mehreren U&Dlern. Da entsteht schnell mal ein Gespräch wie „Echt, deine Freundin arbeitet bei der Bank? Wo wir doch noch Helfer für die Kasse bräuchten… Weiß sie schon, dass sie dieses Jahr hilft?“ oder „Wow, hast du ein Mundwerk! Ich kenn dich nicht, aber du moderierst dieses Jahr das U&D“. Das Finden und Einteilen von Helfern läuft eigentlich meistens auf eher unkonventionelle Art und Weise. Beobachtet man die „Laufbahnen“, zeigt sich die Vielseitigkeit des Festivals. Viele fangen mit kurzen Diensten in einer Getränkebude oder auf dem Parkplatz an und enden mit einem eigenen Verantwortungsbereich und der jedes Jahr wiederkehrenden Aussage „Ich mach des nie mehr“, die natürlich nach dem Festival beim Feiern revidiert wird. Meistens sind sie im nächsten Jahr wieder in dem Bereich, in dem sie bereits geholfen haben, anzutreffen. Aber es kann auch mal passieren, dass versehentlich ein eher temperamentvoller Veranstaltungstechniker, der mit seiner Firma seit vielen Jahren sehr viel Bühnenequipment und seine eigene Arbeitskraft zur Verfügung stellt, per Telefon gefragt wird, ob er nicht beim Festival als Parkplatzeinweiser helfen könnte. Steht ja nicht immer in der Datenbank drin, was derjenige bisher beim U&D gemacht hat…

Doch trotz mehr oder weniger charmanter Versuche der Helferakquise, wird es mit dem stetigen Wachstum des Festivals immer schwieriger zu gewährleisten, dass zu den entscheidenden Zeiten genug Leute mit anpacken vor allem beim immens intensivierten Auf- und Abbau. Deshalb keimt Ende 2008 die Idee des Workcamps auf. Zwischen zehn und fünfzehn junge Erwachsene aus aller Welt reisen dabei auf eigene Kosten an, um zwei Wochen lang für Kost und Logis beim Festival mitzuarbeiten. Das klang ja erst mal sehr gut. Gesagt, getan. Der Stadtjugendpfleger Karlstadts stellt den Kontakt mit dem IGB (Internationale Begegnung in Gemeinschaftsdiensten e.V). her und für das nächste Jahr keimt Hoffnung! Pünktlich zur Aufbauwoche trudeln dreizehn Jugendliche aus aller Welt ein. Am Anfang gibt es doch ein paar Berührungsängste, die vor allem durch die Sprachbarriere (nicht jeder Franke, liebt die Fremdsprache) und die Masse an neuen Gesichtern bedingt sind. Durch gemeinsames Arbeiten und vor allem das abendliche Sitzen am Lagerfeuer sind die schnell beseitigt. Das erste Workcamp wird ein voller Erfolg: Es bringt frischen Wind ins Team und vor allem der Abbau geht im nächsten Jahr allen sehr viel leichter von der Hand. Es sind ja auch ganz besonders liebenswerte spezielle Charaktere dabei. Einige „Worker“ sind aus dem U&D-Team gar nicht mehr wegzudenken und werden deshalb seitdem jedes Jahr zum Festival eingeladen. Wie könnte man auch anders, wenn ein z.B. einer wie der Franzose jeden Morgen mit den Allerersten aufsteht und mit dem einleitenden Satz „I need some physical work“, anfängt den ganzen Tag, wie ein Wilder mitzuarbeiten, obwohl er jede Nacht der zwölf Tage feiert wie ein Weltmeister.