19. – 21. JuliKarlstadt a. Main

Laut soll es werden

Oder: ohne Strom nix los!

Nach dem Verlust wird versucht das Festival wieder auf Kurs zu bringen. Mehr Besucher mussen her und die Kosten möglichst wieder minimiert werden. Der Sonntag als Veranstaltungstag ist nicht zu halten. Mit musikalisch geschärftem Profil und Bands, die als Publikumsmagnet funktionieren, soll das Festival wieder in sicheres Fahrwasser manövriert werden. Das Line-Up für die beiden neuen Festivaltage Freitag und Samstag gestaltet sich entsprechend: bekannte Formationen wie Die Allergie und ROH bereichern den musikalischen Speiseplan mit Alternative Metal und Rock-Punk.

Das Bühnendach besteht einfach aus zwei offenen Zeltelementen; die Wege der Materialbeschaffung sind unergründlich, aber alle packen mit an. Die gute Nachricht: den roten Zahlen vom Vorjahr zum Trotz, das Festival wächst. Wer mit dem Festival irgendwie in Berührung kommt, scheint vom „U&D-Virus“ infiziert. Da reicht es schon eigentlich nur das benötigte Aggregat abliefern zu wollen und im Backstage die Materialnöte der Organisatoren mitzukriegen. Einmal „ja hab ich“ gesagt und schon ist man mittendrin! Der Backstagebereich wird erweitert, mittlerweile gibt es zwei feste Buden: eine Infobude für die Besucher und eine Büro- und Materialbude für´s Team. Um das Durcheinander hinter der Bühne zu sortieren, werden die Helfer unkompliziert eingeteilt: für jeden Tag gibt´s ein unterschiedlich farbiges T-Shirt mit „Crew“ (Orga-Team) oder „Stuff“ (Handlanger) und für die Kurzzeithelfer selbstgemachte Buttons. Die schlechte Nachricht: zwar wird das Budget halbiert und versucht möglichst noch mehr Unterstützung auf Basis von Sachspenden zu bekommen, dennoch geht die Rechnung nicht auf. Das Festival ist unglaublich verregnet. Die Verluste brauchen die letzten Guthaben des Vereins praktisch bis auf null auf, damit sind auch alle für den Vereinszweck gesammelten Spenden weg. Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen erneut um 3.000€. Ende 1997 sind noch 60€ auf dem Konto des Vereins. Trotz mieser Bilanz, war das Festival eines der lautesten.

Vielleicht auch, weil zum richtigen Zeitpunkt ein stromtechnisch gut ausgestatteter und bestens vernetzter Mann vor Ort den Stromhunger des Festivals spontan mit sichern konnte. Auch wenn „stromisch mit die schlimmste Sprache ist, die da oben jedes Jahr gesprochen wird“ (O-Ton) – ohne Strom geht nix. Heute liegt jedes Jahr für´s Festival ein Anschlusskabel vom Netz des örtlichen Energieversorgers direkt bis auf´s Festivalgelände. Das war aber nicht immer so. Noch zum zehnten U&D konnte das dreitägige Festival mit seinen zwei Bühnen, dem kompletten Festivalgelände von der Parkplatzeinfahrt bis in den Backstage- und Cateringbereich nicht mit fließendem Strom aus der Leitung versorgt werden. Aber wie macht man eigentlich elektronisch verstärkte Musik an einem Ort mitten in der Natur? Mit Aggregaten, anfangs noch recht bescheiden, betankt mit Kraftstoff, aus Kanistern von der Tankstelle geholt. Klar, natürlich machte so ein Aggregat selbst auch Krach, aber wenn man es etwas abseits stellte und mit ordentlich Saft auf der Bühne, war das eine optimale Möglichkeit. Das funktionierte in den ersten Jahren für unser kleines Festival auch wunderbar. Es gab Strom für die Bühnentechnik und eine Steckdose für die Kaffemaschine und die Dönerbude, etwas Licht und einen Kühlschrank im Ausschank - und im Catering konnte mit Gas gekocht werden.

Aber in kurzer Zeit wuchs das Festival, Bier kam nun aus der Zapfanlage, die Getränke mussten in Kühlwägen gekühlt werden, die Anzahl der Stände verdoppelte und verdreifachte sich. Licht wurde gebraucht auch an den Buden und Wegen, die nicht direkt auf dem Platz an der Bühne standen und im Backstage-Bereich, auch auf dem Parkplatz und dem Fußweg von und in die Stadt, einfach überall. Die Aggregate wuchsen jedes Jahr: von der handlichen Größe eines Handwagens bis zu Containergröße. Die Mengen an verbrauchtem Strom stiegen stetig, der Verbrauch für das Wochenende hatte in Spitzen zum 10. U&D bereits die Menge einer kleinen Einfamilienhaus-Siedlung erreicht.

Insofern ein Glück war es da, dass die Erschließung der unterhalb des Saupurzels gelegenen Siedlung in den 90er Jahren voran ging. Nach Verhandlungen mit dem örtlichen Energieversorger war es dann irgendwann soweit: Der fließende Strom hatte Premiere auf dem Festival. Seitdem wird von der letzten verfügbaren Verteilerstelle unterhalb des Festivals alljährlich ein Kabel auf den Berg gezogen und ein temporärer amtlicher Verteilerkasten an geklemmt. Und die Fußwegbeleuchtung wird seit Jahren von einem Privatanschluss gestellt.